24.05.2010

Nach Hause kommen

Ich kenne Leute die sagen "Liebe ist das schönste Gefühl" und diese Leute sagen auch "Hass ist das stärkste Gefühl". Nun, ich persönlich glaube, dass diese Leute noch nie nach Hause gekommen sind. Und damit meine ich nicht ein "nach schwerer Shoppingtour nach Hause kommen" oder "nach 2 Wochen Urlaub nach Hause kommen" sondern nach Hause kommen.



Ich hatte, wie wohl jeder Mensch schon viele intensive Emotionen, aber was ich jedes Mal fühle, wenn ich zuhause aus dem Zug steige wird mit jedem Mal intensiver, wirklich.. atemberaubend. Die Türen öffnen sich, alles erscheint einem bunter, fröhlicher, ein Lächeln auf den Lippen, ein warmes Gefühl in der Brust. All der Kitsch. Nur noch tausendmal stärker als jede Vorstellung. Man wird regelrecht geflutet, überwältigt, als würde man am schwülsten Sommertag ein klimatisiertes Kaufhaus betreten. Man ist voll von Glück und Zufriedenheit, findet nichts mehr an der Welt schlecht, wenigstens für einige wenige Augenblicke. Nie schienen Bäume so grün, nie zwitscherten Vögel so schön, nie fühlte sich T-Shirtstoff an meinen Händen so befriedigend an, nie machte mich der Geruch eines Parfüms so glücklich wie in dem Moment, in dem ich meine beste Freundin umarmte, endlich wieder.
Und nichts, nichtmal Worte aus meinen Fingern, kann den Augenblick beschreiben, in dem man realisiert was los ist, wenn die allerliebsten Menschen der Erde um einen herum sitzen, einen erwartungsvoll anschauen, ein Glitzern in den Augen haben, vor Glück. Man fühlt sich so unbeschreiblich in diesem Moment, perfekt, geliebt, vermisst, wertvoll.
Ich hoffe, jeder meiner regelmäßigen und unregelmäßigen Leser, jeder der Menschen die diesen Text lesen hatte schon einmal dieses Gefühl, dass einen das Herz fast zerspringen lässt vor unfassbarer Freude. Ich hoffe, jeder von euch hat einen Ort um nach Hause zu kommen und vor Glück zwischen Bewusstsein und Ohnmacht hin und her zu schwanken, auf dem dünnen Drahtseil balancierend, mit dem Kitzeln im Bauch weil man nicht weiß: zu welcher Seite fall ich, wenn ich falle?

Und ich hoffe ebenso, jedem von euch bleibt das Gefühl erspart, wenn man wieder gehen muss. Wie immer. Wenn alle Lieben weg sind, wenn wieder das Bereuen kommt, wo das doch das schrecklichste ist was man tun kann, bereuen. Es tut weh. Es ist, als würde man aus dem Supermarkt mit Klimaanlage wieder nach draussen kommen. Man fühlt sich erstickt, erdrückt, schlecht, arm, allein. Alles ist dumpf, leise und man sieht nur noch, nimmt nicht mehr war. Alles rauscht an einem vorbei, tausend Szenarien rasen einem durch den Kopf und ein unendlicher Kummer erfüllt einen, wenn einem bewusst wird, dass man nicht mit jedem Baumstamm der ins Blickfeld gerät, mit jedem Pflasterstein auf den man seinen Fuß setzt, eine Geschichte verbinden kann. Einen Menschen, ein Wort, eine Berührung, einen Kuss, ein Stück Leben.
Egal was ihr sagt, für mich gibt es kein schöneres Gefühl als das nach Hause kommen und kein schlimmeres als wieder gehen zu müssen. Mit jedem Mal bleibt ein größeres Stück meines Herzens da, bei all meinen Lieben, gut aufgehoben und ganz fühlen, wirklich gut fühlen kann ich mich nur noch, wenn ich dort bin, wieder vereint mit einem Teil von mir der essentiell ist.

1 Kommentar:

  1. Oh Janina, das hast du so schoen beschrieben und das Gefuehl kenne ich nur zu gut. Das ist so kostbar und wundervoll, dass man es sich auf jeden Fall bewahren muss! Wenn man so was nicht mehr spuert, dann laeuft irgendwas falsch...

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